Das Kreuz Jesu

Warum starb Jesus am Kreuz?

Was soll das für ein Gott sein, der seinen eigenen Sohn opfert, um die Menschheit zu versöhnen?


Am Kreuz Jesu scheiden sich die Geister - das haben schon die ersten Christen erlebt. "Wir ... verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit", schreibt Paulus im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth (1 Kor 1,23). Wie dumm muss man sein, einen Gott anzubeten, der am Kreuz hängt? Oder einem Gott zu vertrauen, der als Sühne ein Menschenopfer verlangt? Wenn man nur das Kreuz sieht, es isoliert aus dem Zusammenhang von Jesu Leben, seiner Botschaft von der Gottesherrschaft und seiner Auferstehung, ist diese Sichtweise nur vernünftig.

Wer an Jesus als denjenigen glaubt, in dem Gott sich uns gezeigt hat, wer bereit ist, sich auch nur ansatzweise auf die Idee der Selbstoffenbarung Gottes in einem Menschen einzulassen, sieht schon die historischen Fakten mit anderen Augen.

Braucht Gott ein Opfer?

Dass es nicht im entferntesten darum gehen kann, mit einem Menschenopfer einen zornigen Gott zu besänftigen, hat Jesus schon zu seinen Lebzeiten klar gestellt. Durch Jesus heilt Gott Krankheiten, vergibt Schuld, rettet aus Leid und Tod. Der Gott Jesu ist der Gott Israels: ein Gott, der befreit. Sein Name ist Jahwe, Gott-für-uns, er ist ein Gott des Lebens.

Jesu Tod am Kreuz ist die Konsequenz seines Lebens und seiner Botschaft, als sie mit der unheilvollen Dynamik gestörter Beziehungen zwischen Mensch und Gott und der Menschen untereinander konfrontiert wird. Man hat Jesus nicht verstanden, seine Botschaft schien den Mächtigen in Religion und Politik nicht befreiend sondern bedrohlich. Diese gestörte Dynamik nennt man traditionell "Sünde". Viele Menschen, insbesondere viele Wächter des rechten Glaubens und wahren Kultes, können Jesu Botschaft nicht akzeptieren. "Er kam in die Welt, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf." (Joh 1) Doch selbst angesichts des drohenden Todesurteils verrät Jesus seine Botschaft vom Sieg Jahwes, des "Gott-für-uns-da", über das Böse nicht, sondern steht mit seinem Leben für sie ein. Er hätte ja mehrfach Gelegenheit gehabt, es sich doch noch anders zu überlegen, aber wenn er derjenige ist, in dem sich der "Gott-für-uns" zeigen will, bleibt ihm nichts anderes übrig, als letzten Endes seine Botschaft am eigenen Leib "für uns" zu vollziehen. Damit uns der Sieg Gottes über das Böse erhalten bleibt, darf er sie nicht verleugnen, sondern muss einwilligen in den eigenen Tod. Er opfert sein Leben, damit wir das Heil haben. Er opfert sein Leben für uns wegen unserer Sünden.

Jesu Tod: Brücke zwischen Gott und Mensch

Wer an die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus glaubt, dem eröffnet sich noch eine weitere Dimension des Kreuzestodes: Im Moment der äußersten Gottverlassenheit offenbart sich Gott selbst in Jesus als ein Gott, der selbst zum Leidenden, zum Sterbenden wird. Im Kreuzestod überwindet Gott die unüberbrückbare Kluft zwischen dem unendlich erhabenen Gott und dem leidenden und sterbenden Menschen. Wie nirgends sonst sehen wir im Blick auf das Kreuz: Gott geht alle unsere Wege mit, denn er ist einer von uns geworden. Weil Jesus gerade nicht lebenssatt im Kreise seiner Familie und Freunde, die ihm die Hand hielten und Gebete sprachen, gestorben ist, sondern einsam, gefoltert, gottverlassen als Verbrecher am Kreuz, hat er alle Gequälten und Gefolterten, alle Verbrecher, alle Gottverlassenen, uns alle mitnehmen können. Und so wie Gott dieses Kreuzesopfer an Ostern zu einer Tür ins ewige Leben umgestaltet hat, nimmt er uns auch dorthin mit.

Das Leben besiegt den Tod

Ohne Ostern wäre die ganze Geschichte selbstverständlich dramatisch schlecht ausgegangen: Das Böse, die Sünde, hätte über den sich selbst offenbarenden Gott gesiegt und ihn damit als Gott ad absurdum geführt. Denn es stimmt ja: Ein Tor, wer an einen gekreuzigten Gott glaubte, denn es wäre ja ein toter Gott. Jesu Tod am Kreuz wäre zum Sieg des Bösen geworden, das letzte "Nein" zum Leben und zur Liebe und damit vollkommen sinnlos, hätte Gott ihn nicht am Ostermorgen in einen endgültigen Sieg des Lebens verwandelt.

Der Tod am Kreuz - ein Sühnetod?

Und wie ist das mit dem Sühnetod? Ja, Jesu Tod war ein Sühnetod - die Ausgleichsleistung für unsere Schuld, die wir selbst doch niemals erbringen könnten. Aber nicht um Gott zu besänftigen, sondern uns von der Macht des Bösen und des Todes zu befreien! So eine Art Ablösesumme, die für den Vereinswechsel der Menschheit vom Bösen zu Gott gezahlt wird. Indem Jesus als der Prototyp des "neuen Menschen" stellvertretend für uns alle konsequent bis zum Tod das lebt, woran wir tagtäglich scheitern, nimmt er alles Leid, alle Schuld, alles Erbärmliche des menschlichen Lebens auf sich. Für Menschen, die sich selbst als erlösungsbedürftig erleben, weil sie Leid tragen müssen und Schuld auf sich geladen haben, sind Kreuzestod und Auferweckung Jesu die Befreiung schlechthin. Vom Versagen, Kleinmut, den vielen Gelegenheiten, in denen das rechte Wort fehlt, wir zu falschen Zeit am falschen Ort das Falsche sagen und tun. Das Leben ist in all seinem Reichtum gleichzeitig eine Kette von Verfehlungen, in der wir dauernd aneinander schuldig werden und aus der es kein Entrinnen gibt. Auch aus Krankheit und Leid mit dem biologischen Tod als Konsequenz der ganzen Misere gibt es für den Menschen keinen Ausweg.Diese unseligen Verstrickungen in Leid, Schuld und Tod hat Jesus durchbrochen - für uns, denn wir können uns mit hineinnehmen lassen in seinen Sühnetod und seine Auferstehung.

Jesu Tod am Kreuz: Wirksames Zeichen der Hingabe Gottes für uns Menschen

Kurz gesagt: Nicht Gott hat ein Opfer gebraucht, schon gar kein Menschenopfer. Im Gegenteil: Er hat sein Gott-für-uns, seine Befreiungstaten im Kreuzestod auf die Spitze getrieben und mit der Auferweckung des Gekreuzigten unser Nein zum Leben in einen Sieg des Lebens und der Liebe verwandelt. Und: Weil in Jesus sich Gott als ein Gott geoffenbart hat, der sich selbst für uns opfert, ist Jesu Opfer am Kreuz zugleich das absolute Ende aller anderen Opfer. Wer wollte dem Opfer Gottes etwas hinzufügen?

Die ersten Christen haben ihre Deutung des Kreuzestodes und der Auferweckung Jesu in einem Lied über Jesus zusammengefasst, das heute noch gesungen wird:

Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt "Jesus Christus ist der Herr" - zur Ehre Gottes, des Vaters. (Phil 2,5-11)

Martina

Pausen sind ganz wichtig

Es gibt Zeiten, in denen zeigt mir das Leben seine anstrengende Seite. Im Moment ist das so, da kommt Einiges zusammen. Zum Teil selbst Gewähltes wie mein neuer Job. Anderes habe ich mir nicht ausgesucht, zum Beispiel die Grippewelle. Dazu kommen Luxusprobleme, die sich der Mensch gerne gönnt, wenn er sonst gerade keine hat. Und das Übliche: zu wenig Zeit für alles mögliche.

In all den Trubel kommt heute dieser Aschermittwoch. Ein Tag, der in seiner Bedeutung einen Haltepunkt markiert. Was sagt er mir in diesem Jahr? Vergiss die Pausen nicht! Pausen sind ganz wichtig! Sich ab und zu eine Auszeit nehmen und für einen Moment mal nichts tun, nichts außer da zu sein. Anhalten, dem Leben selbst ein wenig Aufmerksamkeit schenken und spüren, wie schön es ist.

Ich liebe das Gebet im Schweigen: Einfach sitzen und schweigen. Ich bin da, und Gott sieht mich an. So wie Menschen, die sich mögen, sich gerne einander nahe wissen.


Voraussichtlich wird es für mich keine Woche Auszeit geben wie im letzten Jahr. Ich werde es auch nicht schaffen, jeden Tag eine halbe Stunde zu meditieren. Aber das habe ich mir für diese Fastenzeit fest vorgenommen: öfter mal eine Pause machen, still werden, einen Moment schweigen und mich von Gott ansehen lassen. Und schon geht alles viel leichter.

Nie tiefer als in Gottes Hand

Ist es zynisch, Fotos von leidenden Menschen zu veröffentlichen? Vor wenigen Tagen diskutierte eine Gruppe von Journalisten die Frage, ob es Menschen zusteht, das Leid Anderer in Massenmedien zu zeigen. Das hat mich dazu bewegt, mir die Bilder genauer anzusehen: Ein verzweifelt weinender Mann hält seinen getöteten Bruder im Arm. Eine schwer verletzte Frau sitzt hilfeschreiend zwischen den Trümmern eines (ihres?) Hauses. In der ganzen Fotostrecke gab es zutiefst erschreckende Bilder von toten und verzweifelten Menschen im Kaukasus zu sehen. Da wurde die journalistische Frage plötzlich ganz nebensächlich und die andere drängte sich auf - wohl zum tausendsten Mal:

Ist es nicht zynisch von Gott, Menschen leiden zu lassen? Wieso lässt Gott so viel Elend zu? Ossetien, China, Mindanao, Darfur - die Liste der Orte, in denen es Menschen katastrophal schlecht geht, ist viel zu lang. Gibt es Gott überhaupt? Wenn ja, was ist das dann für ein Gott? Ein willkürlicher Tyrann? Ist Gott selbst zynisch? Zum Entsetzen über fremdes Leid kommen persönliche Lebenserfahrungen. Es gab durchaus Momente in meinem Leben, in denen ich dachte meinen Glauben zu verlieren. Denn wenn es Gott gäbe und er uns liebte, könnte er das nicht zulassen.

Auf der Grenze von Zweifel und Unglauben spüre ich ganz deutlich: Mein Glaube lässt mich leben. Was würde übrig bleiben ohne Gott - gerade angesichts des Leids? Ein hoffnunsloses Gefängnis aus Verzweiflung und Zynismus! Ja, Zynismus gehört zum Unglauben, nicht zu Gott. Denn dieser unergründliche Gott, der das Leiden zulässt, hat in Jesus selbst gelitten - bis hin zur Gottverlassenheit. Gott ist so nahe bei denen, die leiden, dass Gott selbst einer von ihnen wurde. Wenn ich Jesus am Kreuz ansehe, kann ich hoffen, dass Gott alle Menschen auf liebevollen Händen durch Leid und Elend trägt und sie im Tod in diesen Händen auffängt. Dann muss ich mich nicht abwenden von entsetzlichen Bildern, sondern kann ich mich berühren lassen. Vielleicht kann ich Gott in den Menschen auf den Fotos erkennen. Viel zu selten kann ich helfen. Ich glaube, dass ich immer beten kann.

Flanke, Schuss, Tor! - und der Heilige Geist

Zwei blinde Zwillingsschwestern dürfen nach einigem Hin und Her eine konfessionelle Regelschule besuchen, schneiden als Klassenbeste ab und werden mit einem Preis geehrt - und mit ihnen ihre ganze Klasse. Diese schöne Geschichte erzählte etwas ausführlicher unser Weihbischof in seiner Pfingspredigt als Beispiel für das Wirken des Heiligen Geistes.

Eine ähnliche Geschichte aus meinem Bekanntenkreis: Zwei hörgeschädigte Brüder besuchen ebenfalls nicht das zuständige Spezialinternat sondern die jeweils ihrem Alter ensprechende Regelschule. Der ältere geht bereits auf ein ebenfalls konfessionell geführtes Gymnasium und wurde letzten Sommer aufgrund seiner Zensuren für die Begabtenförderung vorschlagen (die er ablehnte, weil er "keinen Bock auf lauter Streber in der Klasse" hatte.). Der jüngere macht ständig Unsinn in der Grundschule, weil er immer viel zu schnell mit seinen Aufgaben fertig ist. Den sehr erfolgreichen Schulbesuch der beiden hat noch nie jemand auf ein außergewöhnliches Wirken des Heiligen Geistes geschoben, und ich wäre ohne diese Pfingstpredigt sicher auch niemals auf die Idee gekommen. Ist es doch die Leistung der beiden Jungs und ihrer Eltern, in diesem Fall vor allem der Mutter, dass sie so gut in der Welt zurecht kommen.

Das Wehen des Heiligen Geistes spüre ich eher bei folgender Äußerung: Die Familie erwartet zur Zeit ihr drittes Kind, dass es wieder ein Junge ist, wissen sie schon. Die erste Reaktion der Brüder auf die überraschende Nachricht: "Sobald er laufen kann, muss er sofort mit uns Fußball spielen, sonst kann er gleich gehen!" Flanke, Schuss, Tor! Was spielt es da für eine Rolle, ob auch er vielleicht hörgeschädigt ist oder welche Schulnoten er mal bekommen wird?


Martina

La clemenza di Tito

Zur Krönung Leopolds II. von Böhmen komponierte Mozart eine Oper, in der sich alles um die Milde ("clemenza") des römischen Kaisers Titus dreht. Nicht, dass es irgendwelche historischen Hinweise dafür gäbe, dass Titus ein besonders milder Regent gewesen sei. Diese Großzügigkeit in Bezug auf historische Fakten hatte ein ganz anderen Hintergrund: Eine solche Oper - ausgerechnet zu einer Königskrönung komponiert - sollte das Idealbild eines Herrschers herausstellen und dem frisch gebackenen König als Ansporn dienen. (Wie sich Leopold als Herrscher Böhmens schlug, ist mir leider nicht bekannt.) Kein Wunder also, dass diese Mozart-Oper zu den meist gespielten im 19. Jahrhundert gehörte und im 20. Jahrhundert von den Spielplänen der Opernhäuser wieder verschwand.



Vor einer Woche durfte ich eine Aufführung dieses Werkes mehr oder weniger zufällig besuchen. Ich weilte für ein paar Tage in New York und es war die einzige Gelegenheit, mal wieder in die Met zu kommen. Ohne große Erwartungen genoss ich die schöne Inszenierung und lauschte dem Fortgang der Geschichte, als sie mich völlig unvermittelt packte. Dabei war es nicht etwa Titos Großherzigkeit, die mich in ihren Bann schlug. Als Ideal für menschliches Handeln konnte ich mich mit ihr jederzeit identifizieren (ohne damit sagen zu wollen, dass ich ein besonders guter Mensch sei).


Titos Freund Sesto, der zum Verräter geworden war und einen Anschlag auf seinen kaiserlichen Freund durchgeführt hatte, bewegte mich viel mehr. Nicht sein Freundesverrat aus Liebe zu einer Frau, die ihn als Werkzeug für ihren Rachefeldzug missbrauchte, nein. Nachdem die Verschwörung aufgeflogen war, kann sich Tito nach einigen dramatischen inneren Kämpfen dazu entschließen Sesto voll und ganz zu verzeihen. Doch Sesto bettelt geradezu um seine gerechte Bestrafung, weil er mit dieser Schuld nicht weiterleben kann.


In diesen Konflikt konnte ich mich sehr gut hinein versetzen: Mir fällt es wesentlich leichter anderen zu verzeihen als mir selbst. Doch genau an diesem Punkt wird Erlösung konkret. Wenn uns Jesus Christus ganz und vollkommen durch seinen Tod und seine Auferstehung erlöst hat, dann ist das mehr als der moralische Appell, einander zu vergeben, so wie wir im Vaterunser beten: "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern." Dann ist das die letzte und einzige Möglichkeit mich selbst anzunehmen, gerade mit allem, was ich mir nicht selbst verzeihen kann. Das ist nicht leicht. Aber es hilft, mir bewusst zu machen, dass Gott mich so liebt, wie ich bin. Und wenn ich diese Gewissheit aushalte, dass Gott mich bis in die dunkelsten Winkel meiner Seele hinein liebt, ist der wichtigste Schritt bereits getan, mich annehmen zu können.


Am nächsten Morgen ging ich noch im St. Patrick's Cathedral zur Messe und was mit "La clemenza di Tito" begann fand in der Predigt von Kardinal Egan seine Forstsetzung. Auch er wählte das Thema Erlösung und brachte es meiner Erinnerung nach so auf den Punkt: "Don't make a drama about sin, make a drama about salvation." (Mach kein Aufheben um deine Sünden sondern um deine Erlösung.)

Josef P.

"...sahst Du mich an."

Ich will Euch auch was erzählen - von meinen Erlebnissen. Schon lange. Seit ich versuche über religiöse Erfahrung zu schreiben, verstehe ich, wieso sich Spiritualität so häufig in Kunstwerken ausdrückt: Weil glauben ganz einfach ist, darüber sprechen aber nicht immer leicht fällt. Deshalb mache ich heute eine Anleihe bei Ernesto Cardenal. Er hat ein Gedicht verfasst ("Ich löschte das Licht, um den Schnee zu sehen..."), dessen Form ich mit meinen eigenen Erfahrungen während einer Exerzitienwoche fülle: Gott begegnen ist ganz einfach.

Ich setzte mich um zu meditieren und sah das Licht der Kerze.
Doch dann sah ich, dass die Flamme der Kerze nur ein Lichtschein ist, und durch dieses Licht sahst Du mich an.

Ich versuchte zu meditieren und hörte den Lärm der Baustelle und das Rauschen des Heizkörpers.
Doch dann hörte ich, dass alle diese Geräusche auch Klänge sind, und durch diese Klänge sprachst Du mich an.

Ich konzentrierte mich auf meinen Atem und spürte, wie die Luft durch meinen Körper ein- und ausströmt.
Und da spürte ich, dass dieser Strom Dein Lebensatem ist, und durch diesen Atem bläst Du Dein Leben in meine Seele.

Ich reichte die Schale weiter, die mit dem Brot, das Du selbst bist, und berührte die Hand eines Menschen.
Dabei fühlte ich, dass das Ertasten von Nähe, Wärme und Brot wieder nur Berührungen sind, und in diesen Berührungen rührtest Du mich an.

Ich salbte die Hände einer Frau, die mir vorher das Gleiche getan hat.
Und ich lernte, dass in der Zärtlichkeit von Geben und Nehmen die Gemeinschaft entsteht, deren Mitte Du selber bist.


Martina

Ansteckungsgefahr!

"Ich muss euch was erzählen!" Wenn die "beste Ehefrau von allen" - ok, ist bei Kishon geklaut, stimmt aber trotzdem! - schon mal so eine Rede beginnt, spitzen alle die Ohren.

Unsere Familie saß bei einem späten Frühstück, als meine Frau uns berichtete, was sie kurz zuvor an der Kasse eines Supermarktes erlebt hatte. Vor ihr war eine alte Frau an der Reihe, die jede Menge Waren auf das Förderband legte unter anderem einen Strauß Tulpen. Als sie alles bezahlt und wieder verstaut hatte, nahm sie den Blumenstrauß und schenkte ihn der Kassiererin. "Für Sie." Dass diese völlig überrascht, zutiefst gerührt und erfreut war, wird jeder nachvollziehen können.

Doch diese kleine Begebenheit ging noch weiter. Als sich meine Frau, die nur ihren Korb dabei hatte, abmühte, die gescannten Waren schnell genug wieder in ihren Korb zu packen, schob der Herr, der hinter ihr in der Kasseschlange stand, seinen Einkaufswagen ran und stellte ihren Korb hinein, damit sie in Ruhe einpacken und zahlen konnte. Er lächelt meine Frau an und meint: "Gute Taten stecken halt an."

Josef P.